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Kriminalität: Heidelberger Kunsthistoriker Blanché erklärt, warum die in Bad Dürkheim gefundenen NS-Kunstwerke so monumental sind
„Kunst sollte damals überwältigend sein“
Nach dem Fund von neun monumentalen
Kunstwerken aus der NS-Zeit in Bad Dürkheim sind weitere Einzelheiten
bekannt geworden. Demnach hat die Polizei in der Lagerhalle eines
ortsansässigen Unternehmers neben den beiden überlebensgroßen Statuen
"Schreitende Pferde" des Bildhauers Josef Thorak auch die
Frauen-Skulpturen "Galathea" und "Olympia" von Fritz Klimsch
sichergestellt. Außerdem fanden die Beamten fünf Werke von Arno Breker:
die zwei Bronzestatuen "Künder" und "Berufung" sowie die drei
Monumental-Reliefs "Kameraden", "Wächter" und "Rächer". Deren Ausmaße
sind gigantisch: Sie haben jeweils eine Größe von fünf mal zehn Metern
und ein Gewicht von rund 40 Tonnen.
Ulrich Blanché, Dozent für Neuere und Neueste Kunstgeschichte der Universität Heidelberg, erklärt die Ausmaße der Funde mit der Ideologie des Dritten Reichs: "Die Kunst der NS-Zeit zielte darauf, möglichst überwältigend und monumental zu sein." Bei den aktuellen Funden handelt es sich dem Kunsthistoriker zufolge dennoch um ungewöhnlich großformatige Werke.
Eine simple "Verteufelung" der sogenannten NS-Kunst hält er jedoch für falsch: "Hitler hatte einen sehr schlichten Kunstgeschmack und förderte daher gerade, was heute als rückständig und schlecht gemacht gilt. Aber deshalb kann man nicht die gesamte Kunst dieser Zeit automatisch als schlecht gemachte Kunst abtun - nicht nur die Filme Leni Riefenstahls gelten teils als 'gut gemachte' oder zumindest beeindruckende Kunst. Die kunsthistorische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist enorm wichtig. In Kenntnis der zugrundeliegenden Ideologie müssen wir Kunsthistoriker die Werke ,an sich' und aus der Zeit heraus betrachten."
Die drei Künstler, von denen die bei der Razzia sichergestellten Werke stammen, sind weit über Fachkreise hinaus bekannt: "Josef Thorak, Arno Breker und Fritz Klimsch gehören zu den bekanntesten NS-Bildhauern. Alle standen auf der ,Gottbegnadeten-Liste', waren Günstlinge von Hitler und erhielten zahlreiche Staatsaufträge. Sie waren damit Teil der NS-Propaganda."
Die federführende Berliner Staatsanwaltschaft hält sich unterdessen nicht mit kunsthistorischen Betrachtungen auf. Die Ermittlungen gegen die acht Verdächtigen, darunter ein Bad Dürkheimer Unternehmer und sein Sohn, dauerten an, so Pressesprecher Martin Steltner auf Nachfrage. Es gehe bei den Ermittlungen aber nicht um verbotene Kunstgegenstände, sondern um Hehlerei. Dabei sei auch ein Hintermann aus Schleswig-Holstein von besonderem Interesse für die Ermittler.
© Mannheimer Morgen,
Freitag, 22.05.2015 Ulrich Blanché, Dozent für Neuere und Neueste Kunstgeschichte der Universität Heidelberg, erklärt die Ausmaße der Funde mit der Ideologie des Dritten Reichs: "Die Kunst der NS-Zeit zielte darauf, möglichst überwältigend und monumental zu sein." Bei den aktuellen Funden handelt es sich dem Kunsthistoriker zufolge dennoch um ungewöhnlich großformatige Werke.
Eine simple "Verteufelung" der sogenannten NS-Kunst hält er jedoch für falsch: "Hitler hatte einen sehr schlichten Kunstgeschmack und förderte daher gerade, was heute als rückständig und schlecht gemacht gilt. Aber deshalb kann man nicht die gesamte Kunst dieser Zeit automatisch als schlecht gemachte Kunst abtun - nicht nur die Filme Leni Riefenstahls gelten teils als 'gut gemachte' oder zumindest beeindruckende Kunst. Die kunsthistorische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist enorm wichtig. In Kenntnis der zugrundeliegenden Ideologie müssen wir Kunsthistoriker die Werke ,an sich' und aus der Zeit heraus betrachten."
Die drei Künstler, von denen die bei der Razzia sichergestellten Werke stammen, sind weit über Fachkreise hinaus bekannt: "Josef Thorak, Arno Breker und Fritz Klimsch gehören zu den bekanntesten NS-Bildhauern. Alle standen auf der ,Gottbegnadeten-Liste', waren Günstlinge von Hitler und erhielten zahlreiche Staatsaufträge. Sie waren damit Teil der NS-Propaganda."
Die federführende Berliner Staatsanwaltschaft hält sich unterdessen nicht mit kunsthistorischen Betrachtungen auf. Die Ermittlungen gegen die acht Verdächtigen, darunter ein Bad Dürkheimer Unternehmer und sein Sohn, dauerten an, so Pressesprecher Martin Steltner auf Nachfrage. Es gehe bei den Ermittlungen aber nicht um verbotene Kunstgegenstände, sondern um Hehlerei. Dabei sei auch ein Hintermann aus Schleswig-Holstein von besonderem Interesse für die Ermittler.