Donnerstag, 16. Oktober 2014

Aufsatz "Banksy – Judge and Criminal at the Same Time" gedruckt

Mein Aufsatz "Banksy – Judge and Criminal at the Same Time" wurde im Sammelband "Mord und Totlach" (Hgg. Sabine Müller & Christian Hoffstadt) in der Reihe Komik und Gewalt in Bochum/Freiburg im Oktober 2014 veröffentlicht. S. 93-100.

ISSN 2191-804X            ISBN 978-3-89733-347-5                 Bestellen

Abstract des Aufsatzes auf Deutsch
Der anonyme, britische Street Artist Banksy begeht mit seiner Kunst „Verbrechen“. Seine nicht autorisiert angebrachten „Schmierereien“ verstoßen auf meist witzige Art und Weise gegen Eigentumsrechte. In vielen seiner Werke erzeugt Banksy Komik durch den Kontrast von angedeuteter Gewalt mit etwas dezidiert Gewaltlosem: Ein überdimensionaler Teddybär wirft einen Molotowcocktail auf Polizisten oder ein aggressiv aussehender, vermummter Demonstrant ist eben kein „Steinwerfer“, sondern schleudert einen bunten Blumenstrauß. Ich diskutiere drei Werke Banksys, wo Gewaltverbrechen und ihre Aufklärung auf humorvoll-kritische Art thematisiert wird. Ein durch seine Uniform als Polizist identifizierbarer Mann macht sich Notizen auf einem Schreib­board. Die Figur evoziert das Ausstellen eines Strafzettels, wäre da nicht die aus Krimis hinreichend bekannte weiße Umrisslinie eines liegenden menschlichen Körpers auf der Straße zu sehen, der beim Betrachter die Assoziation einer von der Polizei gefundenen Leiche weckt. Der „Tote“ fehlt, doch die Umrisslinie formt diffus eine Person, die dem überkorrekten, klischeehaften Polizisten den Stinkefinger zeigt, Im Kopf hat sie die Signatur des Künstlers, Banksy. Seine aufwendige, illegale Installation „Vandalized phonebox“ zeigt eine ähnlich auf einer Londoner Straße liegende typisch englische rote Telefonzelle, die durch tropfende, an Blut erinnernde Farbe sowie ihre in der „Taille“ abgeknickte Form vermenschlicht ist. Wie ein Mensch, der in einer dunklen Seitenstraße überfallen wurde liegt die Box „hilflos“ da. Die „Mordwaffe“, eine Spitzhacke, steckt noch in ihr. Dieses absurde Geschehen veralbert gängige Vorstellungen von Vandalismus, Kunstvorstellungen und Gewaltverbrechen auf der Straße. Wie Mauern „vandalisiert“ Banksy auch kitschige Landschafts-ölgemälde vom Flohmarkt, denen er im gleichen Malstil eine polizeiliche Hinweistafel hinzufügt, welche die Idylle als vermeintlichen Schauplatz eines Verbrechens ausweist. Die Polizei bittet hier um Hinweise zur Aufklärung eines Verbrechens. Damit veralbert Banksy das humorlose Verhalten der Obrigkeit, die ziellos überwacht und überall potenzielle Verbrechen wittert. Zugleich führt Banksy derartige Kitschidyllen als unzeitgemäß vor und damit auch ihre Betrachter/ Käufer, die Kunst mit Scheuklappen gedankenlos konsumieren und nostalgisch verklären.

Abstract in English
Quis custodiet ipsos custodes? Who watches the watchmen, asked the Roman poet Juvenal. Three social critical artworks by British street artist Banksy dealing with absurd crimes, violence and humor are analyzed in this paper. In his illegal artworks, crimes themselves, Banksy answers Juvenal’s question in his satirical way: It has to be someone like him, a judge and criminal at the same time.

Kurztext zum Sammelband
Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Der vorliegende Band untersucht interdisziplinär die Beziehungen von Komik und Gewalt in literarischen, filmischen, histori­schen und bildlichen Mordszenarien. Betrachtet werden unter anderem die Straßenkunst des anonymen britischen Straßenkünstlers Banksy, das Motiv des mörderischen Clowns in der Populärkultur, Beispiele des zeitgenössischen Kriminalromans, die Ermordung des römischen Kaisers Caracalla und eine Bomben­anschlags­serie in Barcelona Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei er­scheint Komik als Waffe oder Kritikpunkt gegen Gewalt sowie als Mittel der Rechtfertigung oder Verharmlosung von Gewalt.